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Regionale Feinheiten in Sachen Mariä Himmelfahrt

Im Lillachtal verlassen wir die Fränkische Schweiz und folgen dem Frankenweg in die Fränkische Alb.

Gemeinsam mit meiner Freundin verlassen wir um 6:45 Uhr das Hotel in Nürnberg. Aiko und ich nehmen die S-Bahn nach Gräfenberg. Bekleidet mit Regenjacke und Regenhose warten wir am Endbahnhof auf den Bus, der uns zum Fortsetzungspunkt unserer Reise durch die Fränkische Schweiz bringen soll. Der Regen prasselt auf uns nieder und die Minuten verstreichen langsamer als damals im Französischunterricht an jedem gottverdammten zweiten Samstag im Monat. In diesen Momenten vertreibt ein Blick zu Aiko alles Leid. Mit unfassbarer Gelassenheit sitzt er im Regen und man hat keine Sekunde das Gefühl, das ihm der Regen etwas ausmacht. Die Uhr zeigt 8:35 Uhr – vor 15 Minuten hätte der Bus kommen sollen – und zum Regen gesellt sich Unmut. Nach einem erneuten Telefonat mit der Verkehrsgesellschaft bin ich mit den regionalen Feinheiten in Sachen Mariä Himmelfahrt vertraut und weiß, dass in diesem Landkreis kein Feiertag ist. Ich entscheide mich gegen 4 Stunden Wartezeit auf den regulären Bus und nehme zähneknirschend den Verlust des schönen Abschnitts ab Egloffstein in Kauf. Somit endet die Regenetappe schon nach zwei Stunden im Lillachtal. Meine Laune, der Regen und ein rumpliger Gasthof schlagen mir aufs Gemüt und ich verkrieche mich erst einmal unter die Decke und gönne mir ein Nickerchen.

Bei einsetzendem Sonnenschein gehe ich am Nachmittag zur Quelle der Lillach und probiere mich an der Umsetzung einiger Fotoideen. Aiko weiß, was die Stunde geschlagen hat. Nach einem Seufzer legt er sich hin und überbrückt die langweilige Wartezeit mit seiner zweitliebsten Beschäftigung. Lediglich bei einem Foto schreckt er kurz auf. Ich gehe drei Schritte hangaufwärts um einen Kalksteinfelsen zu fotografieren. Beim letzten Schritt rutsche ich aus und nun geht es in Zeitlupe wieder zum Ausgangspunkt. Ein absolut ungefährlicher Ort, aber da ich die Kamera schützen will rutsche ich auf beiden Ellenbogen nach unten und habe danach eine ordentliche Farbänderung meines Teints. Ein kleiner Schauer läuft mir den Rücken runter und mir wird deutlich, wie schnell man sich verletzten kann, was potentiell ein Ende der Reise bedeuten könnte.

Nach einem widerlichen Frühstück mit Schimmel am Aufbackbrötchen und aufgetauter Wurst brechen wir früh auf, um die lange Etappe nach Hersbruck zu schaffen. Die sehr gute Ausschilderung auf dem Frankenweg macht einem die Länge der Etappe immer wieder deutlich und verdirbt mir ein wenig die Muße, um einige schöne Fernblicke zu genießen. Ich wünsche mir die Beschilderung der letzten Tage zurück, wo lediglich die Orte ohne Angabe der Kilometer angezeigt wurden. In Schnaittach, ein äußert schicker Ort mit 1000 jähriger Geschichte, treffen wir zu bester Mittagszeit ein und machen Rast im Gasthof „Zum oberen Tor“, der ebenfalls seit Kilometern auf den Schildern mit seiner fränkischen Küche angekündigt wird. Ich schlage die Speisekarte auf und muss fast laut lachen. Thüringer Bratwurst und eine komplette Seite mit verschiedenen Hamburgern werden hier angeboten. Ich entscheide mich für den Landsknechtbraten von der Tageskarte und schraube die Erwartungen auf die Höhe eines Bierdeckels runter. Zu meiner Überraschung ist der Braten butterzart und bildet mit dem Zwick’l der ansässigen Brauerei Kanone ein perfektes Duo.

Nach weiteren 3,5 Stunden mit reichlichen An- und Abstiegen erreichen wir nach 31 Kilometern unser Quartier im schön rausgeputzten Hersbruck. Die liebenswerte Wirtin bekundete bereits bei der Buchung am Telefon ihre Vorfreude auf den kleinen Husky und so fällt auch der Empfang aus. Auf einem weißen Handtuch befindet sich ein Napf und drei Leckerlies. Bevor ich mich bedanken kann, hat Aiko die Leckerlies verputzt und das komplette Wasser in den Mund beziehungsweise auf das Handtuch befördert. Meine Belohnung gibt es im zentralgelegenen Biergarten in Form eines Weizen und zwei Brotscheiben mit Gehäcktem, also Mett mit reichlich Zwiebeln.

Nach einer langen und erholsamen Nacht erhalten wir eins der besten Frühstücke der bisherigen Tour und machen uns auf nach Altdorf. Je näher wir dem Ziel kommen desto durchschnittlicher wird die Landschaft. Lediglich die Ankunft in Altdorf verdient eine Erwähnung. Die Sonne knallt auf den Marktplatz, auf dem Fressbuden und ein lärmender Autoscooter stehen. Scheinbar sind sie die Vorboten für ein amtliches Stadtfest, dass man sich bei der aktuellen gähnenden Leere nur mit viel Phantasie vorstellen kann. Es ist für uns das letzte Bild im schönen Frankenland, denn wir sind mit zwei wunderbaren Menschen verabredet, mit denen wir weiter ins Altmühltal reisen.